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Die neuen Kasernen der 11. Husaren in Krefeld


Im April des Jahres 1906 verlegte das Husaren-Regiment Nr. 11 seine Garnison von Düsseldorf nach Krefeld. Vorangegangen war der bekannte Ausspruch Kaiser Wilhelm II., den Damen der Stadt Tänzer zu schicken und Krefeld zur Garnison zu machen. Daher erhielten die grünen Husaren nicht nur eine moderne Kaserne, sondern auch den Beinamen "Tanzhusaren".

Der Kasernenkomplex ist heute teilweise erhalten, restauriert und in öffentlicher Verwendung. Näheres kann man einem entsprechenden Wikipediabeitrag entnehmen, auf den ich an dieser Stelle verweise. Dort sind auch Fotos der heutigen Ansicht zu finden.

In der originalen Festschrift, erschienen anlässlich des Einzug des Regiments in Krefeld am 2. April 1906, ist ein interessanter Artikel abgedruckt, der die nach damaligen Maßstäben hochmoderne Kavalleriekaserne beschreibt.

Diesen gebe ich folgend im Wortlaut wieder. Die beigefügten Bilder entstammen der Festschrift.


Die neuen Kasernenanlagen des 11. Husaren-Regiments
Von M.Klein

In der weiten Ebene des Kempener Feldes, dicht vor den westlichen Ausgängen der Stadt, erheben sich seit einiger Zeit die weit ausgedehnten, breit und fest sich hinlagernden Kasernen-Anlagen des 11. Husaren-Regiments. Sie machen ganz den Eindruck eines neuen, einheitlich, stilvollen Bürgerstadtviertels. Der Grundriß des Gebäudekomplexes ist seiner Bestimmung entsprechend verhältnismäßig einfach; das Prinzip der größtmöglichen Uebersicht waltet bis in Detail hinein vor. Das eigentliche Kasernement wir auch das nebenliegende Proviantamt zeigen im Grundriß das Rechteck, dessen Außenseiten die Hauptgebäude begrenzen. Aus praktischen Gründen hat man bei der ganzen Anlage alle unnötigen Vorsprünge, Einbuchtungen und Winkel vermieden.

Da schon der Grundriß einer so großen Anlage von vornherein die Anwendung einer geschlossenen Architektur verbietet, so ist es selbstverständlich, dass der Architekt große Schwierigkeiten hat, wenn er im Interesse einer künstlerischen Wirkung die Langeweile des Plans nicht in seiner Architektur zum Vorschein kommen lassen will. Bei der Gestaltung einer solchen Architektur liegt die Kunst in der Einfachheit; mit wenigen Mitteln etwas Künstlerisches zu schaffen, zeigt den Meister. Und dass bei der Kasernen-Anlage tatsächlich etwas Künstlerisches geschaffen worden ist, steht nicht nur für den Laien, sondern auch für den Fachmann fest. Die Architektur aller Gebäude weißt Anklänge an die deutsche Spätrenaissance auf. Alle architektonischen Hauptlinien, wie z.B. Profile, Tür- und Fenstereinfassungen sind in Haustein ausgeführt, zwischen denen große Flächen in rauem Mörtelputz liegen. Der gelbe Sand- bezw. Kalkstein mit dem gelbgrauen Mörtelputz und der großen blauen Flächen der Schieferdächer, welche durch hübsche Dachfenster wirkungsvoll unterbrochen werden, geben den Bauten eine ruhige, farbige Wirkung, die dem Gesamteindruck sehr zu statten kommt. Ueberhaupt nimmt die einfache, aber glücklich gewählte Gruppierung der verschiedenen Dächer der Anlage das Kasernenhafte. Auch die Eckbauten des Hauptkomplexes mit ihren schmalen turmgekrönten Risaliten und die geschmackvollen Türbekleidungen mit ihren verzierten Aufsätzen tragen ihren Teil dazu bei, um diesen Eindruck zu verwischen. Einfache, schiefergedeckte Mörtelputzbauten liegen im Innern zerstreut, ohne jedoch die Uebersichtlichkeit wesentlich zu beeinträchtigen.

Das nur durch die Bissingstraße (heute Westparkstraße) von dem Kasernen-Rechteck getrennte Proviantamt mit seinem roten Ziegeldach ist ebenfalls ein einfacher Mörtelputzbau, der in Verbindung mit dem aus roten Backsteinen errichteten Scheunen und dem Körner-Magazin eine Gruppe von Gebäulichkeiten bildet, die in ihrer Eigenart berechtigten Anspruch auf Beachtung verlangt. Wir sind leider nicht in der Lage, über diese Anlage eingehender zu berichten, da es zu ihrer Besichtigung einer nur schwer zu erlangenden kriegsministeriellen Erlaubnis bedarf.

Westlich von dem Proviantamt liegt etwas versteckt das noch im Bau befindliche Lazarett, das ebenfalls nicht eingehend beschreiben werden kann. Es soll, wie man uns mitteilte, erst in einigen Monaten fertiggestellt werden können. Soviel lässt sich jedoch bereits heute sagen, dass das Lazarett allem Anscheine nach ebenfalls ein recht vorteilhaftes Aeußere erhalten wird.

Das anmutigste, einer freundlichen Villa gleichende Gebäude ist das Offizierskasino, das, von der Kaserne durch den Bissingplatz getrennt, an der rechten Seite der Bissingstraße liegt. (Siehe Lageplan.) Das Gebäude ist zwei Stockwerke hoch und besitzt nach Süden hin eine Glas-Veranda , die über den Kasinogarten hinaus einen anmutigen Ausblick auf den Stadtwald und auf die Stadt selbst eröffnet. Wenn wir von der Veranda aus uns den inneren Räumen zuwenden, so gelangten wir unmittelbar in den Hauptraum, den Speisesaal, der mit seiner braungetäfelten Decke aus Tannen- und Pitchpineholz, dem Holzpaneel und den mit grünen Platten belegten Kaminecken recht anheimelnd wirkt. Das Licht flutet in den traulichen, nicht allzugroßen Raum durch hohe Rundbogenfenster, die zum Garten hin sich öffnen. Auf halber Höhe des Saales befindet sich eine Nische, die zur Aufstellung eines verdeckten Orchesters bestimmt ist, aber auch als Galerie für Zuschauer benutzt werden kann. in dem hübschen Saale können etwas 60 Herren zur gleichen Zeit bewirtet werden. Den Speisesaal umgeben Anrichtküche mit Speiseaufzug, sowie Gesellschaftsräume, letztere ebenfalls mit traulichen Kaminecken versehen. In dem größten der Gesellschaftsräume befindet sich ein alter Renaissance-Kachelofen aus dem Düsseldorfer Kasino, der lediglich aus dem Grunde mit herüber genommen wurde, weil er oben in meisterlicher Ausführung einen auf Goldgrund eingebrannten wertvollen Wappenfries enthält. Die Wohnräume für den Verwalter liegen im Obergeschoss, während im Souterrain Küche, Waschküche, Vorratsräume, etc. enthalten sind. Der Keller ist in der Hauptsache dafür bestimmt, die Weinvorräte aufzunehmen. Umgeben ist das Kasino-Grundstück von einer Gittermauer, bei deren Pfeiler-Abdachungen Tuffstein zur Verwendung gelangte.

Alles in allem dürfte das Kasino wohl geeignet sein, den Offizieren einen angenehmen Aufenthaltsort zu bieten.

Wenn man den Vorzügen der architektonischen Gestaltung der Bauten nun noch diejenigen hinzuzählt die sich aus der günstigen Lage und den gärtnerischen Anlagen ergeben, dann findet man soviel des wirklich Guten und Schätzenswerten, dass man von der Krefelder Kaserne ohne Furcht auf Widerspruch zu stoßen kühnlich behaupten kann, sie sei eine der ganz praktischen, schönsten und gesündesten im ganzen preußischen Königreich.

Nach dieser mehr allgemeinen Betrachtung wollen wir unsere Leser ins Innere des eigentlichen Kasernements führen, um sie hier mit einigen interessanten Einzelheiten bekannt zu machen. Wie der beigefügte Lageplan erkennen lässt, umfasst unsere neue Kavallerie-Kaserne einen stattliche Anzahl von Gebäuden, die sich auf einer 8 ½ ha großen Grundfläche erheben. Die Absperrung nach außen geschieht wie beim Offizierskasino, durch eine Gittermauer, die von vier Eingängen durchbrochen ist. Der Haupteingang befindet sich am Bissingplatz. Links sieht man das Stabsgebäude, das sich auf den ersten Blick kenntlich macht durch zwei kühn geschwungene, auf einer Säule ruhende Bogen, unter denen der Eingang sichtbar wird. Das Gebäude enthält außer den Wohnungen  für den Verwaltungs-Inspektor und den Garnisonswärter Bureaus, Räume für Wache und Handwerker, sowie Arrestzellen. Nach hinten heraus liegt der mit einer hohen Mauer abgeschlossene Gefängnishof, in den die inhaftierten Soldaten für kurze Zeit eine etwas größere Freiheit genießen.

Neben dem Stabsgebäude erblicken wir die beiden Doppel- und die einfache-Eskadron-Kaserne. Es sind große, luftige und praktisch eingerichtete Gebäude, in denen die grünen Husaren sich sicherlich bald heimisch fühlen werden. Die Doppel-Eskadron-Kaserne ist, von der Straße aus gesehen, 93,50 Meter breit und 19 Meter tief, während die einfache Kaserne eine Breite von 35 und eine Tiefe von 18 Metern besitzt. Die Mittelbauten bestehen aus 3 und die Flügelbauten aus 4 Stockwerken. Für jede Eskadron sind 12 Mannschaftsstuben, zwei Schulzimmer, drei Waschräume und kleine Abortanlagen vorhanden. (Die großen Abortanlagen befinden sich in zwei besonderen Gebäuden, den sogenannten Latrinen.) Alle Räume sind einfach, aber gediegen ausgestattet. Sie trage in ihrer Einrichtung den Stempel der Neuzeit an sich und erinnern nur dunkel an die alten Kasernen früherer Zeiten. Ueberall Luft, Licht und Behaglichkeit! Hier wird der Soldat sein gemütliches Elternhaus nicht allzusehr vermissen. In jeder Stube können sich 10 Mann von des Tages Last und Mühe erholen. 10 saubere Feldbetten laden zur Ruhe ein. Die „Wertobjekte“ der Soldaten sind in braungestrichenen, praktisch eingeteilten Spinden unterzubringen. Die Fußböden ähneln den Parkettböden; sie zeigen einen sogenannten Riemenbelag, der in einer Asphaltschicht fest eingebettet ist. Jede Mannschaftsstube ist, wovon wir uns durch eigenen Messungen selbst überzeugten, 7,80 m lang, 5,80 m breit und 3,50 m hoch, mithin groß genug, um jeden der 10 Bewohner das nötige Quantum Luft bieten können. Den Zutritt von Luft und Licht vermitteln dreiteilige Fenster.

Als Neuerung im Kasernenbau sind die besonderen Waschräume anzusehen. In der Mitte eines jeden dieser Räume steht ein langes Eisengestell mit Granitplatten, in welche beweglichePorzellanwaschschüsseln eingelassen sind, die ein Schwenken ohne Entfernung von Ihrem Platze gestatten. Ueber jeder Schüssel befindet sich ein Wasserhahn. Sämtliche Stubenausgänge münden auf lange Korridore; zwischen den einzelnen Türen erblicken wir in die Wände eingelassene Ständer für je 10 Karabiner. Die Kasernen enthalten neben den Räumen für die Mannschaften noch Wohn- und Schlafstuben für die Unteroffiziere, Wohnungen für die Wachtmeister und Bekleidungskammern. Zur Beleuchtung wird in den Mannschaftskammern Petroleum, in den Gängen und sonstigen Räumlichkeiten dagegen Gas dienen. Verläßt man die Kaserne durch eine der hinteren Ausgänge, dann sieht man vor sich das von einem schmucken Uhrtürmchen gekrönte Wirtschaftsgebäude, in dem für die leiblichen Bedürfnisse der jugendlichen Vaterlandsverteidiger in bester Weise gesorgt werden wird. Die Küche ist mit den Speisesälen für die Unteroffiziere und Mannschaften durch Schiebefenster verbunden. Gekocht wird in drei großen Nickelkesseln, die für Fleisch, Gemüse und Kartoffeln bestimmt sind. In einem vierten großen Kessel soll stets warmes Wasser vorrätig gehalten werden. In der Küche steht auch ein großer Wärmeschrank, in dem, wie in den Hotels, die Speisen stets warm gehalten werden können. Zu erwähnen sind ferner noch die Verkaufs- und Vorrats-Räume, der Baderaum mit zwölf Brausen und die Wohnung für den Kantinenwirt.

Der Weg führt uns sodann zum Kammergebäude, in dem in feuersicheren Räumen Kleider, Sattelzeug und sonstige Montierungsstücke der Intendantur Platz gefunden haben. Die Gemächer sind teilweise mit Linoleumbelag, Sprengvorrichtungen und eisernen Türen versehen. In dem mit Toreinfahrten versehenen Untergeschoss sollen Proviant-, Munitions- und andere Wagen Platz finden. Ein stattliches Familiengebäude für verheiratete Unteroffiziere nimmt die rechte Ecke des Kasernements ein. Das Gebäude ist mit einer netten Garteneinfassung umgeben und enthält 14 abgeschlossene Wohnungen zu je 3 – 4 Zimmern mit allem Bequemlichkeiten. Wenn man die links und rechts des Fußexerzierplatzes liegenden Gebäulichkeiten wie Geräteschuppen, Beschlagschmiede, Spritzenhaus usw. besichtigt hat, gelangt man zu den Ställen, derer außer dem Krankenstall in der äußersten Ecke des Gebäudekomplexes fünf vorhanden sind. Sie können insgesamt 750 Pferde aufnehmen. Blitzblank und sauber sieht es hier aus, denn man hat es streng vermieden, alte Einrichtungsstücke zu verwenden. Die Pferdestände sind sämtlich mit Luftklappen, Sattelbock und bequemen Anschirr-Vorrichtungen versehen. Die Krippen und Fußböden bestehen aus Beton, während die langen Zwischengänge sogenanntes Klinkerpflaster aufweisen. Natürlich sind auch besondere Abteilungen für kranke Pferde und Krippenfetzer vorhanden. Weiter enthalten die ca. 150 Meter langen und 11,50 Meter breiten Ställe Pferdetränken und Vorrichtungen zum kühlen der Tiere. Im Bodenraum der Ställe ist das für den täglichen Bedarf notwendige Heu untergebracht.

Einen guten Eindruck machen auch die drei Reitbahnen. Sie sind 38 Meter lang und 18 Meter breit und stellen sich dar als große geräumige Hallen. Das Licht fällt durch in Dachhöhe angebrachte große Fenster. Die Hallen sind sämtlich bis zu anderthalb Meter Höhe mit Holz ausgeschlagen und auf dem Boden mit einer 30 cm hohen Schicht aus 1/3 Sägemehl und 2/3 Sand bedeckt.

Zwischen den Ställen und Reitbahnen dehnt sich der 8000 Quadratmeter große Reitplatz aus, dessen Instandsetzung nicht weniger als 80 000 Mark gekostet hat. Auf diesem Platze sich nach Herzenslust zu tummeln, werden die Husaren wohl bald sattsam Gelegenheit bekommen. Wir werfen noch einen Blick ins Patronenhaus und verlassen dann das Kasernement mir der Gewissheit, eine militärische Musteranstalt in des Wortes ureigenster Bedeutung kennen gelernt zu haben.

Das Kasernement, das ausschließlich der Kosten für den Grunderwerb 2 415 000 Mk. (hiervon entfallen auf die Kasernenbauten 1 722 000 Mk., auf das Proviantamt 400 000 Mk., auf das Lazarett 175 000 Mk. und auf das Offizierskasino 118 000 Mk.) gekostet hat, ist unter der Leitung der Firma Knoch & Kallmayer – Halle a.d.S. errichtet worden, die auch den Entwurf geliefert hat. Bei der Bauausführung waren beteiligt die Krefelder Firmen Gebr. Koch, Bruns H. Söhne, Ostwald & Hardt, J. Frings und Theodor von der Weien. Die übrigen Arbeiten sind zum weitaus größten Teile von Krefelder Handwerkern ausgeführt worden. Als Erbauerin des Kasernements hat die Stadt Krefeld zu gelten, der allerdings vom Militärfiskus die ausgelegten Summen gut verzinst werden.

Um nun den Bürgern unserer Stadt und den zahlreich nach hier geeilten Festgästen die schöne, neue Husaren-Kaserne auch im Bilde vorführen zu können, haben wir der Festschrift eine Anzahl Autotypien nach Photographien , die dem Atelier des Herrn Daniel (Schiffer Nachf.) entstammen, beigefügt. Sie vermitteln dem Beschauer die Bekanntschaft mit den bedeutendsten Gebäuen und interessantesten Innen-Ansichten. Zwei der Fotografien führen den Exerzierplatz auf dem Egelsberge bei Traar vor, den der tatkräftige Förderer der Garnison-Angelegenheit, Herr Beigeordneter Dr. Oppermann, auf einem sonntäglichen Spazierritt zufällig entdeckte. Innerhalb des verhältnismäßig kurzen Zeitraumes von vier Wochen hat der gen. Herr das über 400 Morgen große Gelände käuflich erworben. Unser Husaren-Exerzierplatz ist sowohl vom militärisch-dienstlichen als auch vom landschaftlichen Standpunkte aus der schönste im deutschen Reiche.

Zum Schlusse noch ein kurzes Wort über die Schießstände im Hülser Bruch, von denen wir die photographischen Aufnahmen leider nicht rechtzeitig genug erhalten konnten, da der Stand der Erarbeiten bis vor kurzem die Wiedergabe einer fertigen Anlage nicht gestattete. Die Schießstände liegen mitten im Gebüsch, sind aber auf den verschiedensten Wegen bequem zu erreichen. Der Platz für Sie musste sehr vorsichtig gewählt werden, weil eine vorgeschriebene Gefahrenzone von 4 km Länge und 600 m Breite berücksichtigt werden musste.

Gewiß ist, daß nicht nur den Kasernements und dem Exerzierplatz, sondern auch den Schießständen das Lob unserer grünen Husaren in vollstem Maße zuteil werden wird.

 

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